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6. Tag, Snæfell

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Copyright © 2003 Dieter Graser

Dienstag, 22.Juli 2003


Gegen halb sieben aufgewacht. Der Snæfell steckt in einer dünnen Wolkenschicht. Ich habe hiere extra zwei Tage eingeplant um bei gutem Wetter auf den Gipfel des Snæfell steigen zu können. Es sieht heute nicht so toll aus, aber ich werde es trotzdem versuchen!

Wegmarkierung
Kurz nach 8:00 Uhr mache ich mich auf den Weg. Die Ungarn schlafen noch. Zuerst auf der Piste nach Süden und dann den gelb-roten Pflöcken folgend leicht ansteigend den Hang entlang. Erfeulicherweise ist der Weg gut markiert und deutlich ausgetreten. Trotzdem nehme ich mit dem GPS Wegpunkte auf. Zum Aufwachen ist ein Gletscherbach in einer hübschen Schlucht zu furten. Der Ausstieg aus der kleinen Schlucht führt über ein steiles Altschneefeld. Dann geht es zügig bergan. Gut 250 Höhenmeter weiter, quert man einen steilen Nordhang unter dem Punkt 1349 nach Osten. Dann wieder steil hinauf zu einem quer verlaufenden Gratrücken auf dem man schon von weitem eine große Steinwarte erkennen kann. Der Karte von M&M nach dürfte man sich nun in die nächste Schlucht stürzen, sich dort zusammenklauben und dann die extrem steilen Schutt und Schneefelder der Südflanke des Snæfell erklettern. Wer diesen Weg in die Karte eingezeichnet hat, dem gehören die Löffel langgezogen. Logischerweise folgt der Weiterweg dem Grat, aber das zu beweisen schenke ich mir. Hier auf 1360 m befinde ich mich exakt an der Wolkenbasis und immer mal wieder senkt diese sich und ich stecke mitten in der Suppe. Weiter aufsteigen bringt jetzt nichts.

Aufstieg
Eine Wanderergruppe von etwa einem Dutzend Amerikanern und Briten kommt im Geschwindschritt den letzten Hang herauf. Gemeinsam machen wir Pause. Nette Leute - beim Verteilen von Trockenobst und Keksen werde ich mit einbezogen. Nach einer Viertelstunde Rast brechen sie mit ihrem Guide auf zum Gipfel - steht wohl im Programm. Aber heute nicht auf meinem. Die Sicht nach Südosten zum Eyjabakkajökull ist zeitweise recht gut und ich kann meine Route von 1998 erkennen. Ich gehe noch auf dem Grat ein Stück nach Süden. Es ist phantastisch wie sich selbst im Frostschutt auch nur wenige Dezimeter breite Gesteinswechsel durch unterschiedliche Verwitterung und Farbwechsel bemerkbar machen. Bei Sonne müßte der Grat in einem Streifenmuster aufleuchten.

Während des Abstieges bessert sich das Wetter fast schlagartig. Die vorher einheitliche Wolkendecke löst sich auf und die Kverkfjöll im Westen werden wieder sichtbar. Allein der Gipfel des Snæfell hat sich noch dichter mit einer Wolke zugepackt. Habe gute Sicht auf den Brúarjökull. Kann keine auffällige Spaltenzonen erkennen. Ein Fernglas zu haben wäre jetzt nicht schlecht. Trotzdem, der Gletscher sieht gut aus und das beruhigt mich. Bin zuversichtlich, daß die Querung möglich ist. Versuche ein Panoramabild aufzunehmen. Wieder am Gletscherbach angekommen treffe ich zwei der Ungarn, die noch hoch zum Gipfel wollen.

Ungarnzelt
In der Hütte Kaffeetrinken mit der Hüttenwartin Þórný. Unterhalte mich dann lange mit einem der beim Zelt zurückgebleibenen Ungarn. Sie wollen von den Kverkfjöll über den Vatnajökull zu den Grimsvötn und dann nach Nýidalur - die lassen aber auch nichts aus! Im Zelt gedöst und an den Aufzeichnungen. Nach dem Abendessen noch mit den Ungarn geredet. Sah schon lustig aus. Vier sitzen im Zelt, warten bis der Fünfte draußen das Essen gekocht hat und witzeln über ihn. Werfe (wider besseres Wissen) zu seiner Verteidigung ein, daß Männer eh die besseren Köche sind. Quasi als Antwort bekomme ich aus dem Zelt ein längliches, rundes Packet herausgereicht: "That's for you - original hungarian Salami!" Ich bin platt und versuche eher hilflos und sicher nicht glaubhaft abzuwehren, denn das Waser läuft mir schon im Mund zusammen. Ihre Expeditionsvorräte haben schon lange vorher nach Island geschickt und an jeder Hütte warten wieder neue Salamis. Sie wollten eigentlich heute Abend noch Richtung Brúarjökull aufbrechen, aber die zwei die auf den Snæfell waren (sie hatten gegen Abend freie Sicht!) sind zu müde und so verschieben sie den Aufbruch auf morgen.


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