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Von Abenteurern und anderen Touris ...

eine Glosse
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Copyright © Dieter Graser

Kleine Soziologie des Homo touristicus borealis (Subspecies: islandicus)

Die Hierarchie der Hochlandreisenden ist keine real existente, sondern eine imaginäre (in jedem Sinne des Wortes eingebildete) und manifestiert sich im sozialen Verhalten gegenüber anderen Hochlandreisenden. Die unterschiedlichen Sozialgruppen (Kasten) definieren sich nach außen über die Art ihres Fahrzeuges (bzw. Der Art der Fortbewegung) und nach innen (Selbstverständnis) über dem "Adventure-Faktor".

An höchster Stelle stehen die Fjallabilfahrer - die ungekrönten Könige des Hochlandes. Isländer mit einem Geländewagen von über 50 cm Bodenfreiheit, mindestens 36" Reifen, 4 Antennen und verspiegelter Sonnenbrille. Sie allein haben nicht nur die besten Fahrzeuge sondern beziehen ihr Selbstbewußtsein aus der Tatsache, daß sie schließlich auch im Winter ins Hochland fahren (... könnten). Alle anderen sind Útlendingar also "Touris". Achtung: weicht nur aus wenn Schaden am eigenen Fahrzeug droht.

Geländewagenfahrer - Nichtisländer auf Abenteuertrip. Selbstwertgefühl definiert sich über Wert des Fahrzeuges und der Zusatzausrüstung. Trägt Gore-Tex Markenbekleidung und/oder Oudoorweste mit 56 Taschen. Für deutsche Geländewagenfahrer sind Sandbleche und Elchaufkleber seit Rommel und Därr Pflicht! Vorsicht: leidet nach erster Begegnung mit einen Fjallabil unter Minderwertigkeitskomplex, wird dadurch u.U. etwas toleranter gegenüber niederen Kasten. Dennoch, alle anderen sind "Touris" weil organisiert reisend oder masochistische Spinner weil nicht motorisiert.

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(siehe Anmerkung)

Geländemotorradfahrer, die Outlaws unter den Motorisierten, haben aber leider kaum eine Hand frei zum Grüßen. Definieren sich über den Adventure-Faktor (nicht zuletzt wegen dem "Schrauben"). Deshalb sind alle anderen "Touris".

Bustouristen. Nichtselbstfahrend also fremdbestimmte Unfreie. Das motorisiert Sein verkehrt sich hier zum Stigma. Diese Kaste der Unberührbaren differnziert sich jedoch über das Prestige des Reiseveranstalters und dessen Bildungsanspruch. Wenn sie nicht gerade schlafen winken sie oft anderen scheinbar noch unterprivilegierteren (Mountainbikern, Fußgängern) aus dem Bus zu. Diese nehmen dies meist als peinliche Anbiederung wahr. Der "Touri" schlechthin!

Mountainbiker, anglizierender Outdoor-Freak auf dem ultimativen, knallharten Adventure-Trip. Werden von allen Motorisierten schlicht als masochistische Verrückte angesehen. Alle anderen sind für sie per Definition "Touris".

Reiter oder Horse people - meist weibl. Nichtisländer. Gruppe über die mangels sozialer Interaktion nur wenig bekannt ist. Definieren sich über das Pferd und ihre Existenz als Reiter an sich. Die Kategorie "Touri" gibt es für sie nicht, damit könnten für sie allenfalls alle Nichtreiter gemeint sein.

Fußgänger, Trekking- und Outdoorspezialisten. Selten! Sind natürlich die "knallhärtesten" unter den Nichtmotorisierten, leiden machmal unter dem Imageneid der Mountainbiker die sich bis zur Begegnung mit einem Fußgänger als die Härtesten verstehen. Werden von allen anderen als vollkommen Verrückte bemitleidet, neigen aber selbst aufgrund ihrer Fortbewegungsart zu Selbstgespächen und zum Philosophieren! Vorsicht sind elitär! Alle anderen sind für sie "Touris", was sonst? Auf jeden Fall sind immer die anderen die "Touris". Oder sind etwa alle "Touris"?

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Anmerkung:
Den an dieser Stelle ursprünglich eingefügten Absatz über eine Untergruppe der Geländewagengfahrer habe ich wieder entfernt. Meine Formulierung "... von manchen als sektenartig bezeichnet ..." war offensichtlich nicht hinreichend als Satire gekennzeichnet und konnte geeignet sein religiöse Gefühle zu verletzen. Nicht den Tatsachen entsprechend ist ferner auch meine Behauptung xxxxxxx Fahrzeuge seien "möbelwagenähnlich" und würden aus den "Beständen des ehemaligen (west)deutschen Bundesgrenzschutzes" stammen. Richtig ist hingegen, daß diese Gefährte "auch von der Polizei, dem THW, dem Roten Kreuz und dem Katastrophenschutz in allen möglichen Varianten benutzt" wurden. Ich bedanke mich für den Hinweis.
(Der Autor)


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