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Gegen 4:00 Uhr fällt das rötliche Licht der schon aufgegangenen Sonne in den Raum. Nehme es
wohlwollend zur Kenntnis und schlafe weiter bis 7:00 Uhr. Heute steht mir nur ein kurzer Tag bevor
- ich heute muß nur bis zum nördlichsten des Veiğivötn, der letzten Wasserstelle. Der große Sprung
nach Jökulheimar folgt dann erst morgen.
Mit Karl in der Küche gefrühstückt. Dann muß er sich beeilen. Er will, zusammen mit dem
Hüttenwart, die Gruppe eines Amerikaners suchen, die mit Kanus den Vatnskvísl befahren. Ja, ich
habe sie gestern Nachmittag aus der Ferne starten gesehen. Karl hofft, daß sie ihn südlich der
Veiğivötn mit dem Kanu über die Tugnaá setzen können. Wir photographieren uns noch gegenseitig
vor der Hütte und verabschieden uns - aber wir werden Kontakt halten.
Anmerkung: Ein Jahr später begegnen wir uns zufällig wieder mitten im Hochland zwischen Kjalvegur und Kerlingarfjöll.
Um 9:00 Uhr bin auch ich abmarschbereit. Es ist sonnig, doch vom Hofsjökull her bläst ein
starker und kalter (5 °C) Nordwestwind. Erst mal wieder die lange Schleife zur Miğmorgunsalda
hinauf. Das sind mindestens 1,5 Extrakilometer. Macht nichts, denn heute habe ich die Sicht, die ich
mir gestern gewünscht habe.
Jetzt am Morgen reger Autoverkehr durch die Angler, die zu ihren
Plätzen an den Seen fahren. Maximal 70 Angelruten sind pro Tag erlaubt - heute ist sicher
ausgebucht. Zu jedem See und entlang den meisten Ufern gibt es eine Piste. Allerdings führen
diese immer schön
hügelrauf und hügelrunter, was ich versuche abzukürzen. Viele schöne Ausblicke auf den Fossvatn.
Am Litlisjór (dem größten See) gehe ich direkt am kiesigen Ufer entlang. Mittagspause am See. An
einer windgeschützten Stelle lege ich mich in die Sonne und kann sogar auf den Anorak verzichten.
Dann wieder weiter am See entlang. Der Empfehlung des Hüttenwarts folgend später auf den
westlichen Höhenzug. 130 anstrengende Höhenmeter werden durch die Aussicht auf die Hraunvötn
mehr als entschädigt. Nur hier oben stürmt es derartig, daß ich auf dem Kamm nur mit erheblicher
Schräglage und unter vollem Einsatz meiner Trekkingstöcke
gehen kann. Ich steige an der Westseite des Höhenrückens ab und erreiche das
Nordende der Hraunvötn mit seinen schönen Lavaformationen am und im See. Werde ich noch
etwas Vegetation finden? Etwas weiter südlich sah es damit noch besser aus. Hier gibt es nur
Hangschutt, feinen Sand und Lava. Zwischen den Lavafelsen, die vollständig mit Moos überwachsen
sind, finde ich ein buckliges, aber windgeschütztes Plätzchen.
Es ist 15:30 Uhr. Wasche im See meine Schirmmütze mit der gestern Nacht in der Hütte wohl
irgendjemand eine Bierpfütze aufgewischt haben muß. Sie stinkt so erbärmlich nach abgestandenem
Bier, daß ich sie nur hinten am Rucksack auslüftend ertragen konnte. An diesem kalten und windigen
Tag war die Mütze mit den Ohrenklappen sowieso angenehmer. Gönne mir ein
Nachmittagsschläfchen und hole dann die Aufzeichnungen nach. Kleiner Erkundungsgang zum
nördlichsten Seeende und dabei ein paar Photos gemacht. Abends noch ziemlich lange in "Sofies
Welt" gelesen, meinem Reisebegleitschmöker.
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10. Tag Hraunvötn - Jökulheimar