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Um 6:30 Uhr wieder fast klarer Himmel und kaum Wind. Habe mich noch bei John und Kurt verabschiedet und bin um 8:30 Uhr
losgegangen. Habe heute eine Wegstrecke von 15 km vor mir und rechne damit am Nachmittag ein Fährboot von Hesteyri nach
Ísafjörður zu erwischen.
Strandgut
Kjarvansvíkurskarð
Andbrekkur
Kúsbrekka
In Hesteyri lockt das bekannte, nur während der Saison betriebene "Sommercafé", mit Kaffee und frischen Pfannuchen. Es herrscht
reger Andrang und Betrieb. Kann mir gerade noch einen Platz an einem Tisch ergattern. Es sind zu den Tagesausflüglern auch
einige Wanderergruppen da, welche von Westen, von der Aðalvík her kommen. Man sitzt auf der Veranda vor dem Haus und genießt die
Sonne.
Die charmante Chefin hat den Laden in allen Sprachen im Griff - sie sieht aus wie eine waschechte Isländerin, kommt aber aus
Hamburg. Sie zeigt mir noch schnell die Zimmer des Hauses, das auch Übernachtungsmöglichkeiten bietet.
Hesteyri
Überfahrt
* * *
Am Ende der Bucht ist der Talbach zu furten. Direkt an seiner Mündung sind große flache Steine in den Bach gelegt worden und
so ist die Furt nur etwa knietief. Auf der anderen Bachseite steht ein dreieckiges Toilettenhäuschen für Wanderer, die dort
zelten wollen. Ein wenig westlich des Baches springen die steilen Ausläufer des Álfsfell ein wenig vor und trennen die
Hlöðuvík von der Kjarvansvík. Der Weg führt an dieser Stelle über das grobe Strandgeröll. Finde dort das übliche Strandgut,
aber auch einen Walknochen und den Kopf einer Puppe. An der Mündung des Baches der Kjarvansvík liegt mitten in einem Gewirr
aus weißen Treibholzstämmen ein großer, rostiger, tonnenförmiger Tank - oder war das einmal ein Schiffskessel? Über
den Bach selbst kann man auf einer Brücke aus zwei Treibholzstämme balacieren - vorausgesetzt, man sieht sie rechtzeitig und
furtet nicht, wie ich, hundert Meter weiter oben.
Die Gruppe von Vesturferðir holt mich an der Furt ein und wir machen gemeinsam Pause. Der Aufstieg durch das Tal hinauf zur
Kjarvansvíkurskarð ist ein Genuß. Der Weg ist nicht zu verfehlen. Er verläuft zunächst am (orographisch) linken Bachufer und
hat erst unmittelbar vor der Passhöhe eine steinige Steilstufe, die es zu überwinden gilt. Die Passhöhe selbst ist mit
einigen Steinwarten gekennzeichnet.
Auf der Südseite des Passes verschwindet der Weg kurz unter eine steilen Schneefeld. Auf den ersten schönen Moospolstern
unterhalb der Schneefelder mache ich eine ausgedehnte Rast mit Blick über die Jökulfirðir und döse etwa eine halbe Stunde
in der Sonne. Ein Paar aus Frankreich lässt sich durch mich inspirieren und wir rasten gemeinsam an dieser Stelle. Weiter
unten geben große Steinwarten die Richtung vor. Die Warten führen einen immer etwa auf gleicher Höhe bleibend
auf der breiten Bergterrasse Innri-Hesteyrarbrúnir über dem Hesteyrarfjörður nach Süden.
Die 8 km bis Hesteyri ziehen sich dann aber unwerwartet in die Länge, da der Weg auf der Höhe der Blockschuttzone bleibt
und sich immer wieder im groben Geröll verliert. Erst kurz vor Hesteyri endet die Terrasse und man steigt über die Kúsbrekka
steil hinab zu der kleinen Häuseransammlung am Strand. Überraschend stellt sich noch ein altes Schneefeld in den Weg doch
schnell ist der Abstieg geschafft.
Um 19:00 Uhr kommt schließlich das Boot. Bis alles aus- und eingeladen ist vergeht eine gute halbe Stunde. Auf der Rückfahrt
müssen bei Grunnavík noch zwei Schlauchbootladungen Tschechen aufgenommen werden (die Gruppe vom Smiðjuháls) und
schließlich, um 21:00 Uhr legen wir in Ísafjörður an.
Am Zeltplatz am Tunguskógur ist in der letzten Woche das neue Sanitärhaus feritggestellt worden und ich kann endlich ausgiebig
duschen. Das Wetterglück hält auch noch am nächsten Morgen an: ruhiges Sommerwetter. Das Zelt und alles Material sind schnell
ins Auto geworfen und ich starte noch vor 8:00 Uhr Richtung Reykjavík. Dass Autofahren so Spaß machen kann. Auf der ersten Teil
der Fahrstrecke entlang der Jökulfirðir
sind nur zwei andere Fahrzeuge unterwegs: ein Auto kommt mir entgegen, ein Motorrad überhole ich. Sechs Fjorde rein und raus -
reinwärts kann man auf der anderen Fjordseite schon sehen, ob einem jemand entgegen kommen wird. Irgendwie vertraue ich darauf,
dass der Sheriff mit der Radarpistole noch beim Morgenkaffee sitzt ich sollte wenigstens ein schlechtes Gewissen haben!
Erst über die Þorskafjarðarheiði schalte ich zurück - trotzdem bin ich kurz schon nach Mittag in Reykjavík. Dort schüttet
es wie aus Kübeln. Meinen Teil Sonne habe ich gehabt!