3. Tag, Gæsabringur - Bergvatnsá

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Dieter Graser © 2014

Sonntag, 18. Juli 2010


In der Nacht hat es immer wieder geregnet - ebenso um 6:00 Uhr. Ein Grund mehr den Wecker wieder auszuschalten. Eine Stunde später keine Tropfen mehr auf dem Zelt. Ein Blick nach draußen: bedeckter Himmel mit einigen blauen Löchern über dem Vatna. Dann die übliche Routine. Frühstücken und Packen brauchen vom Aufwachen bis zum Aufbruch genau zwei Stunden. Heute bin ich fünf Minuten schneller.

Tröllabrauð
Marschiere gleich in den Watsandalen los, denn nach gut 500 m muss ich die Langagilsá furten. Das kalte Wasser an den Füßen vertreibt die letzte Morgenschläfrigkeit. Der Aufstieg zum Bergrücken Langasker geht überraschend gut voran. Habe wohl wieder zu Kraft und Form gefunden. Fühle mich fit wie seit langem nicht mehr. Nach wenigen hundert Meter stoße ich auf eine Steinwarte und auch im weiteren Verlauf finde ich 2 - 3 Stellen, an denen jemand eine Stein auf einen größeren Block gelegt hat. Der Untergrund auf dem Langasker ist von ein paaar einzelnen Moospolstern am Hang abgesehen, vegetationsfrei und besteht aus einem meist glatten Steinpflaster. Komme entsprechend gut vorwärts.

Langasker
Der Blick auf den nahen Gletscher ist großartig. Ich bedauere es nicht den Weg über den aussichtsreichen Bergrücken Langasker genommen zu haben. Die Sonne hat sich inzwischen durchgesetzt und es weht ein nur noch mäßiger Südostwind. Am Nordende des Langaskers umgehe ich die namenlose Höhe P 786 auf ihrer Nordwestseite. Endlich finde ich auch wieder Wasser und mache kurz nach 11:00 Uhr Pause an einem kleinen Bach.

Pause
Die Stelle weist schöne Moosringe auf. Ganz klar ist mir diese Erscheinung von konzentrischen Ringen abgestorbenen Mooses nicht. Vermutlich sind sie ähnlich den sog. Hexenringen und haben mit Pilzen im Boden zu tun. Ich halte mich etwa ein halbe Stunde an diesem schönen Platz auf und nutze den Bach um nach dem knochentrockenen Langasker meine Trinkflasche wieder aufzufüllen. Vom Bach ist es nicht weit zu dem flachen Übergang nach Osten in das Beinadalur. Hier treffe ich auf auf meine alte Route, auf der ich 2006 zum Grænalón gegangen bin.

Passübergang
Im Bereich des Passes faszinieren mich wieder die teils mehrere Meter großen Grundmoränenblöcke! Jetzt habe ich auch Sicht auf das Massif des Öræfajökull mit seinem höchsten Gipfel dem Hvannadalshnúkur. Ich bin nun auf meiner alten Route auf der rechten Seite der Bergvatnsá. In der Wiederholung erscheint mir nun der Weg kürzer. Wahrscheinlich, weil ich auch schneller die etwas versteckten Pfade durch die teils steil eingeschnittenen Runsen der Seitenbäche finde. Schon um 15:00 Uhr erreiche ich die Furtstelle an der Bergvatnsá. Es ist mir heute noch zu früh um hier schon zu zelten. Zudem scheint mir der Wasserstand günstig. Ich furte ohne Hose aber mit Neoprensocken. Die einzelnen Flusssarme sind diesmal auch nicht mehr als gut knietief und schon bin ich auf der anderen Seite des Flusses.

Ich hatte damit gerechnet diese Furt erst am Morgen machen zu können. Was nun? Weiter! In meinem Kopf hat sich mehr und mehr der Gedanke festgesetzt, dass ich heute noch die heiße Quelle Guðlaug erreichen könnte. Die Koordinaten, die ich in einer geologischen Veröffentlichung gefunden habe, habe ich im GPS gespeichert. In dieser Veröffentlichung war zwar keine heiße Quelle erwähnt, dafür war dort das Zauberwort "jarðhiti" (Erdwärme) verzeichnet. Mir war natürlich klar, was das bedeutet! Somit schien mir der Weg zu diesem versteckten Badeplatz, der ein gut gehütetes Geheimnis der isländischen Bergführer ist, geebnet. Dumm nur, dasss eben genau diese Koordinaten auch in dem gerade neu erschienenen Buch "Heitar Laugar á Íslandi" und sogar in dessen englischer Ausgabe, veröffentlicht sind. das Geheimnis ist wohl nun kein Geheimnis mehr.

Der Aufstieg zum "Eck", dem Übergang zum Tal der Mið-Bergvatnsá ist, trotz der Kilometer, die mir heute schon in den Beinen stecken, flott geschafft. Vom "Eck" aus habe ich wieder einen schönen Blick in den von blockiger, junger Lava ausgefüllten Talgrund der Mið-Bergvatnsá. Ich bleibe, nur leicht absteigend am Hang und gehe zügig nach Norden. Jetzt wird es richtig spannend. Ist der der Hot Pot an der angegebene Stelle? Er sollte, den wenigen Bildern nach, die es von ihm gibt, an einem Bach liegen. Hier ist nichts außer ein paar flachen Gumpen und ein Rinnsal zwischen Lava und Hang. Die Koordinaten weisen mich sogar ein Stück hinein in die Lava. So, jetzt wäre ich am richtigen Ort, aber ... - nichts! Ich suche das Gebiet im weiteren Umkreis ab. Nichts! Keine Spur einer heißen Quelle. Nicht mal eine kalte! Bin tief entäuscht und suche weiter talauf. Weiter kein Hinweis auf die Quelle. Habe den Hot Pot inzwischen aufgegeben (zum zweiten mal, dass ich nach ihm suche) und will nur noch einen passablen Zeltplatz. Gebe dem Wegpunkt im GPS den Namen "FRUST" und entdecke etwa in der Talmitte einen kleinen Wasserfall und etwas Grün. Schultere noch einmal den Rucksack und mache mich auf den Weg durch die Lava. Erst furte ich noch einen kleineren Gletscherbach und dann mehrere Arme eines nur leicht gletschertrüben Baches. Schließlich finde ich einen schönen mossigen Platz am Wasser. Nach neuen Stunden und über 20 Kilometer in weglosem Gelände bin ich ziemlich fertig. Koche mir schnell ein Abendessen und schlafe bald danach neben dem Schlafsack ein. Verschiebe alle Aufzeichnungen und Entscheidungen über den Weiterweg auf morgen.

Anmerkung:
Auf der Tour 2012 nahmen wir ab der Passhöhe des Übergangs in das Beinadalur eine nördlichere Route. Auf etwa gleicher Höhe bleibend umgingen wir unterhald der "Skerið milli áa" den Talschluss des Beinadalur und stiegen dann nach Osten in das Tal der Vestari Bergvatnsá ab. Die Verstari Bergvatnsá ist bekannt für die die schwierigen Furtverhältnisse. Die Verstari Bergvatnsá fließt am Rande eines Lavafeldes, welches den ganzen Talboden ausfüllt. Es gilt eine möglichst breite und flache Stelle zu finden, an welcher der Fluss nicht(!) über Lavafelsen fließt. Ich hatte damit gerechnet, dass wir am Ufer der Verstari Bergvatnsá zelten müssten, um am folgenden Morgen, bei niedererem Wasserstand zu furten. Ich kenne die Geschichte von zwei Wanderern, von denen der Eine, obwohl durch ein Seil gesichert die Furt wagte, in der starken Strömung stürzte und den Sichernden am Seil mit in den Fluss riss. Beide konnten sich aus dem Fluss retten zogen sich aber an dem scharfkantigem Lavagestein böse Schnittverletzungen und Abschürfungen zu. Trotz der Verletzungen erreichten sie nach zwei Tagen die Ringstraße.

Obwohl spät am Nachmittag, hatten wir Glück und optimale Verhältnisse. Das Wasser war gerade mal knietief und die Furt unproblematisch. Im unübersichtlichen Lavafeld des Talbodens waren dann noch drei weitere Bäche mit klarem Wasser zu furten. Über eine flache Einsenkung im nächsten breiten Höhenrücken erreichten wir dann mit dem ebenfalls im Talboden von einem Lavastrom ausgefüllten Tal der Mið Bergvatnsá, das mir ja seit meiner (vergeblichen) Suche nach der heißen Quelle Guðlaug bestens bekannt war. Nur diesesmal hatte ich einen Trumpf im Ärmel, bzw. neue Koordinaten dieser Quelle im GPS gespeichert. Zudem wusste ich ja schon recht gut, wo überall dieses verflixte Quelle nicht sein konnte. Im dritten Versuch sollte es nun klappen. Meine begründete Vermutung, die vertraulich erhaltenen Koordinaten und die geograpische Realität - alle drei Faktoren passten diesmal auf das Schönste zusammen. Zielgenau fanden wir die Quelle, die mir schon so viel Mühe gekostet hatte. Und da ein Geheimtipp nun mal auch ein solcher ist und bleiben soll, wird die genaue Lage dieses Hot Pots auch an dieser Stelle nicht genannt.

Guðlaug
Über den geplanten Ruhetag hinaus zelteten wir zwei Tage unmittelbar an der heißen Quelle. Aber auch hier waren die Auswirkungen des letzten Vulkanausbruches zu spüren. Das Becken des "Hot Pot" war am Grund gefüllt mit feiner, schwarzer Asche und man konnte zu Anfangs nur flach liegend in das knapp 40 °C warme Wasser eintauchen. Mit beiden Händen schaufelten wir die Asche aus dem Becken in den Bach hinter der aufgeschichteten Steinwall und bald war gemütliche Sitztiefe erreicht. Der kräftige Zufluss von der eigentlichen Quelle her sorgte schnell wieder für klares Wasser.


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