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Lockere, niedere Wolken kündigen einen schönen Tag an. Vom Hofsjökull her weht ein leichter
Südwestwind. Aufbruch gegen 8:00 Uhr.
Erst mal zwei weitere Kilometer auf der Piste nach Norden und dann nach Osten abbiegen.
Ziemlich genau an meinem Wegpunkt steckt ein kleines, rotes Fähnchen neben der Piste und eine
frische Fahrspur überdeckt die alten. Zu dritten mal gehe ich nun diese alte Route von der Þjórsá
nach Nýidalur. Trotz der etwas unsicheren Spur gibt es keine Orientierungsprobleme. Ich brauche
im Zweifelsfall nur direkt auf das Südende des Túngnafell zuhalten. Die frische Reifenspur geht
genau bis zu dem vermarkten Vermessungspunkt und dreht dann wieder um. Aha, da waren wohl
die Landmælinger (Isl. Landesvermessung) hier - dazu paßt auch das kleine rote
Markierungsfähnchen am Abzweig. Ein paar Kilometer weiter erreiche ich dann den Wegpunkt
"Mitte" mit meinem Brotzeitfelsen, auf dem ich mich auch in diesem Jahr in Pose setze. Der
Selbstauslöser läßt mich diesmal 10 Minuten warten und inzwischen ist der dritte Wolkenschatten
am durchziehen, ich habe meine Knipskiste schon längst zur Hölle gewünscht, das
"Nordwandgesicht" ist inzwischen einefroren und als ich gerade besonders zweifelnd schaue macht
es "...tschlick!" . Wenigstens der Arnarfell im Hintergrund sollte auf diesem Bild freundlich
aussehen.
Eine schweizer Reisegruppe macht gerade Mittagspause bevor sie mit ihrem Bus weiterfahren. Der
Hüttenwart ist dabei die Fensterrahmen der Hütte neu zu streichen. Ein wenig später gehe ich zu
ihm und stelle mich vor. Er hat mich schon erwartet und fragt mich wie es mir auf meiner Tour
ergangen sei. Bis jetzt war es halt für mich nur das Ende einer gewöhnlichen Tagesetappe, aber nun
steigt in mir das Gefühl, daß ich es geschafft habe. Fast drei Jahre hat mich das Projekt Þjórsárver
beschäftigt. Plötzlich löst sich die Anspannung, die Freude über das Gelingen und die Eindrücke
kommen so überwältigend hoch, daß ich vor lauter "Kloß im Hals" Jóhann erst mal nicht antworten
kann.
Später richte ich mich auf dem fast leeren Zeltlatz ein. Den Schlafsack in der Sonne ausgelüftet und
Wäsche gewaschen. In Nýidalur gibt es jetzt ein neues, großes Wasch- und Toilettenhaus und als
besonderer Luxus: warme Duschen! Anmeldung, Schlüssel und Bezahlung beim Hüttenwart. "Für
Wanderer und Radfahrer gratis!" meint Jóhann. Auf dem Zeltplatz treffen später noch eine kleine
Wienerin, mit Kajak auf dem Dach ihres Autos, und ein Göttinger Geländewagenfahrer ein. Zum
Abendessen gibt es Kartoffelpampe - das Zeug muß weg, sonst verfolgt es mich noch. Unterhalte
mich noch lange mit einem holländischen Mountainbiker.
Wegpunkt "Mitte"
Die drei Steine, die ich vor zwei Jahren auf den Block gelegt habe, sind immer noch da!
Ausgekühlt und mit übergezogener Jacke weiter. Ein Viertelstunde später ist es mir wieder zu warm
und ich muß sie wieder ausziehen ... und so geht es weiter. Ohne richtig Mittagspause gemacht zu
haben erreiche ich gegen 13:00 Uhr die Sprengisandurpiste. Durch Erfahrung vorgewarnt, weiß ich,
daß sich die letzten fünf Kilometer bis zur Hütte Nýidalur noch ordentlich ziehen werden.
Um 14:30 Uhr, wieder mal "Sailing..." pfeifend hinunter zur Hütte und den Rucksack auf einer Bank
vor der Hütte abgestellt.
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