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33. Tag, Engidalslækur - Helluvað (Mývatn)

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Copyright © Dieter Graser

Donnerstag, 9. August 2001


Nebel - alles ist patschnaß. Auch der Schlafsack ist außen klamm und so muß er denn, so wie er ist, in den Rucksack gestopft werden. Aufbruch erst um 8:30 Uhr - irgendwie werde ich immer langsamer.

Erst mal auf einer Schotterstraße 7 km stur geradeaus zum Hof Engidalur. Der morgendliche Nebel hat sich gehoben und ich tippe darauf, daß es noch ein wunderbarer Tag wird. Rechts der Straße nichts als weite Moorwiesen. Vereinzelt ein paar Schafe und Regenpfeifer, die erschreckt keine zwei Meter vor meinen Füßen aus dem Gras spritzen. Am Hof Engidalur weist ein Schild zur Piste zum Mývatn. Die Moorflächen meidend führt die Piste am flachen Talrand zu der Erhebung des Jafnafell. Habe ein seltsames Erlebnis: zum ersten Mal ergreift ein Schaf bei meiner Annäherung nicht kopflos die Flucht, sondern steht auf, schaut mich an und kommt bis auf zwei Meter Abstand auf mich zu, folgt mir dann noch ein paar Schritte und wendet sich schließlich desinteressiert ab. Das Schaf war übrigens schwarz.

Birkenpilz
Meine Wetterprognose bestätigt sich. Der Nebel hatte sich gehoben und in zarte Wolkenfetzchen aufgelöst. Die Sonne bricht durch und wärmt die Zwergbirkenheide am Südhang des Jafnafell. Die Piste quert, auf einem von tiefen Gräben flankierten Damm, die einem grünen See gleichenden Moorwiesen des Engidalur. Vorbei an der Graswällen der Ruine des alten Torfgehöfts Stóriás. Eine schnurgerade Reihe von kleinen Steinwarten zieht sich durch ein Meer aus Gras zurück zum Hof Engidalur. Pause am Sandvatn. Nehme mir Zeit für einige Pflanzenphotos. Weiter zum Leirvatn und dann den kurzen Aufstieg hinauf zum Sandfell. Noch einmal den Blick zurück über das grüne Meer. Am Horizont der schneebedeckte Schild der Trölladyngja und die Eisbastion der Báðarbunga - sind es sechs oder sieben Tage her, daß ich unter ihrer Westflanke war?

Über die flache Kuppe des Sandfell hinab zum Hof Stöng. Mit Passieren des Hofes springt mein imaginärer Kilometerzähler auf 500. Magische Grenze? Nein. Eindrücke, Erlebnisse, Begegnungen und der Wechsel von Wetter, Landschaft und Stimmungen lassen sich nicht in Kilometer fassen. Bin wieder auf einer langen, geraden Staubstraße. An der 90 Grad Biegung nach Norden habe ich vorgesehen weglos zu meinem Tagesziel dem Hof Helluvað an der Ringstraße zu gehen. Es wird nicht nur das Ende diese Tages werden sondern auch das Ende der Tour.

Ich schlage wie geplant die Abkürzung nach Helluvað ein und stoße auch gleich auf eine Traktorspur und einen überwucherten Weg. Logisch - der mußte ja auch hier sein. Die neue Straße macht einen großen Umweg. Der Weg spart meinen nun schon ziemlich müden Füßen die Stolperei durch die Þúfurwiesen. An einem See vorbei, über zwei Hügel und dann quasi durch den "Hintereingang", vorbei am üblichen Schrott, hinunter zum Hof Helluvað und zur Straße. Der Klos im Hals löst sich durch einen Juchzger.

An der Ringstraße
Nummer 1 - die Ringstraße! Ich stelle den Rucksack ab und setze mich daneben. 33 Tage, also fast fünf Wochen war ich unterwegs. Aus - Amen - Ende! Ich fühle es jetzt, es reicht. Ich bin drei Tage hinter dem Plan zurück und habe damit keine Zeitreserve mehr. Bis zur Ásbyrgi sind es noch 100 km oder noch 7 Tage. Da wird es mit dem Rückflug knapp - diese Gegend schau ich mir ein andermal an. Die Ringstraße hat mir schon oft als ein guter Endpunkt gedient. Ein letztes Futterpaket liegt in Reykjahlíð, am anderen Ende des Mývatn, für mich bereit. Das werde ich morgen noch abholen, aber dafür werde ich nicht noch einen Tag lang über eine Teestraße gehen.

Zwei Stunden lang versuche ich vergeblich per Autostop wegzukommen, dann ist meine Geduld zu Ende. Ich schultere meinen Rucksack und gehe los. Ich komme aber nur einen Kilometer weit, dann hält endlich ein freundlicher, älterer Isländer an und nimmt mich mit. Er fährt aber nur das kurze Stück bis Skútustaðir, sagt er mir. Macht nichts, ist mir auch recht. Dann bin ich am Endpunkt meiner '98er Tour. In Skútustaðir, gibt es einen Zeltplatz, Hotel, Restaurant und einen kleinen Supermarkt. Keine 5 Minuten später sind wir dort und ich richte mich auf dem Zeltplatz neben der Straße ein. Mein naß verpacktes Zelt kann nun bei leichtem Westwind und Sonne trocknen. Ich entdecke im Waschhaus eine Dusche mit Warmwasser von der ich ausgiebig Gebrauch mache. Der Rasierer hat etwas Mühe mit dem Vierwochenbart und es braucht seine Zeit bis er abgeschabt ist. Über Hamburger mit Pommes und Leichtbier geht das Angebot des Schnellrestaurants wieder mal nicht hinaus. Immerhin besser als aus der Tüte, oder sagen wir mal: wenigstens mal wieder etwas anderes. Zu spät entdecke ich das Hotelrestaurant im gleichen Gebäude. Ich bin müde, verkrieche mich früh in meinen Schlafsack und stöpsel mir wegen der nahen Ringstraße die Ohren zu.

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