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Immer noch heftiger Wind und Regen. Bin mir unschlüssig, aber schließlich raffe ich mich auf und
packe zusammen, damit ich den Ausflugsbus um 9:00 Uhr noch erwische. Habe in diesem Zelt genug Platz
um den Rucksack im Zelt zu packen. Auch die zwei Eingänge machen sich bei dem Sauwetter bezahlt. Klatschnaß,
wie es ist, das Zelt zusammengenudelt und in die Pulka gesteckt. Es hat sich tatsächlich noch ein Paar aus
New York zu dem Vatnajökullausflug eingefunden. Viel schlechteres Wetter hätte man sich gar nicht
aussuchen können.
Der Busfahrer versucht uns bei Laune zu halten. Das gelingt ihm auch leidlich bis uns auf der steilen
und engen Schotterstraße nach Jöklasel hinauf ein kleiner Leihwagen entgegenkommt und uns in den
bergseitigen Graben drängt. Der Bus frißt sich fest und gewinnt mehr und mehr an Schräglage. Der
Fahrer startet noch zwei Versuche - nichts geht mehr! Es folgt ein Griff zum Autotelephon um Hilfe
zu organisieren.
Ich versuche dem Amerikanern einstweilen Mut zu machen, schließlich wurde ihnen ja eine abenteuerliche
Fahrt versprochen. Nach etwa zwanzig Minuten kommt vom Tal her ein Traktor und vom Berg ein Jeep zu
uns Havaristen. Wir steigen in den Jeep um und der Chef von Jöklasel bringt uns perönlich so schnell zur
Hütte hinauf, daß wir selbst ohne den Zwischenfall mit dem Bus kaum früher dort gewesen wären.
Jöklasel
Vier weitere Gäste warten schon behelmt und in dicke Overalls verpackt auf den Beginn der Snowscootertour.
Ich werde hier erst mal Quartier beziehen und und besseres Wetter abwarten. Immerhin bin ich jetzt
komfortabel am Gletscherrand und sitze in den Startlöchern. Auf einen Tag mehr oder weniger kommt es mir
nicht an. Ich nehme in Gastraum Platz und hänge erst mal meine China-TNF-Jacke zum inwändig trocknen an
die Heizung und schlürfe einen Kaffee. Regen - Regen - Regen. Manchmal steigt die Wolkendecke, manchmal
sinkt sie wieder. Schließlich kommt doch noch unser Bus die Schotterpiste heraufgekrochen. Der Fahrer mußte
auch noch das rechte Vorderrad wechseln. Lade mein Gepäck aus und bringe es in die Hütte. Am Mittag wird ein
üppiges Buffet angeboten. Den Preis ignoriere ich besser, denn da ist auch noch ein Höhenzuschlag für
Islands höchstgelegenstes Restarant mit enthalten. Dafür schmeckt es mir ausgezeichnet.
Naß aber glücklich kommen die Scooterfahrer von ihrem Trip zurück. Offensichtlich sind sie trotz des
Regens auf ihre Kosten gekommen. Wir unterhalten uns und da meine Ausrüstung ihre Neugier geweckt hat,
wollen sie wissen was ich vor habe. Auf einer großen Wandkarte des Vatnajökull im Gatsraum sieht das
recht eindrucksvoll aus. Bin selbst beeindruckt. Ich sei wohl sehr mutig, werde ich gefragt.
Nein, eigentlich nicht besonders. Vor allem jetzt gerade mal wieder nicht, aber das verschweige ich.
Als sie sich mit besten Wünschen für das Gelingen meiner Tour verabschiedet meint eine Lady aus Devon:
"I must hug you!" und drückt mich energisch an ihr englisches Herz.
Später wird noch eine Busladung Spanier durch Nebel und Regen gescheucht. Als diese von
ihrer Spritztour zurückkommen überwiegt die Nässe das Glücksgefühl, was aber deren Appetit nur wenig
anhaben kann. Auf einen Wink des Koches hin werde ich zur zweiten Runde am nun warmen Buffet aufgefordert.
Na ja - man wächst mit der Aufgabe. Mir bleibt nicht anderes übrig als weiter zu warten. Zwischedurch quetsche
ich den Führer der Scootertouren aus. Weiter oben auf dem Gletscher soll es in den letzten Tage ca.
30 cm Neuschnee gegeben haben. Jetzt suppt es da rein. Es soll aber besser werden.
Gegen Abend läßt der Dauerregen nach und man kann nach Süden blickend die Küste erahnen. Außer mir sind nur
noch der Koch und Borgar, der sich um die Snowscooterausflüge kümmert auf der Hütte. Der Boss selbst hat die
letzten Tagesgäste zu Tal gefahren und kommt erst morgen wieder herauf. Beim Abendessen schließe ich
mich den beiden Angestellten an und so entsteht kein extra Aufwand in der Küche. Im Fernsehen wird das
Europameisterschaftsspiel Portugal - Niederlande übertragen. Ich, obwohl bekennender Fußballbanause, sehe mir die
zweite Halbzeit mit an. Danach wird's richtig spannend: Wettervorhersage! Morgen leichte Besserung
aber immer noch Regen. Dann dreht der Wind auf NE und läßt an Stärke nach. Gute weitere Aussichten
bis Montag! Wenn das so ist, dann scheine ich ein Wetterfenster bis zu den Grímsvötn zu bekommen! Diese
Nachricht elektrisiert mich. Werde morgen aufbrechen sofern die Verhältnisse einigermaßen
akzeptabel sind. Erfahre noch, daß am Wochenende ein paar reiche Russen zu den Grímsvötn geflogen
werden sollen, um von dort aus eine Snowscootertour zu den Kverkfjöll zu machen. Sie werden mich
nicht stören, aber es kann später günstig sein ihre Spuren zu sehen.
Die Hütte liegt in 850 m Höhe am Rand des Skálafellsjökull. Der weite Gletscher zieht sich vom
Plateau des Vatnajökull bis auf Meeresniveau herab. Hier oben ist er bis weit in den Sommer am Rand
mit Schnee bedeckt. Weiter unten ist das blanke Eis von vielen Spalten und Eisbrüchen durchsetzt.
Jöklasel bietet den einfachsten Zugang zum Vatnajökull deshalb werden von der Hütte aus
Snowscooter und Gletscher-Jeep Touren angeboten. Die Touren sind eine der touristischen Attraktionen
in der Gegend um Höfn, auch wenn sie nicht gerade zum sanften Tourismus zu zählen sind. Die
normalen Scootertouren fahren etwa 10 km zu einem Aussichtspunkt dem Gletscher hinauf, aber es werden
auch längere Touren angeboten. Wenn das Wetter mitmacht ...