17. - 22. Tag, Siguršarskáli

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Dienstag, 14. Juli

Siguršarskáli
Am Morgen herumgetrödelt und mit den Schweizern noch anhand der GPS Koordinaten die Lage einer schönen Lavahöhle im Mżvatngebiet auf der Karte bestimmt. Am Mittag brechen sie nach Reykjahlíš auf. Ich habe Gérald noch gebeten Annie anzurufen um ihr mitzuteilen, daß ich gut und gesund über den Vatna gekommen bin und daß sie sich keine Sorgen zu machen braucht. Mein Nachmittagsschläfchen hat sich unversehens bis 16:00 Uhr ausgedehnt und ich bin für den Rest des Tages entsprechend von der Rolle. Es ist ziemlich windig. Ein Zelt in meiner Nachbarschaft wird kräftig durchgebeutelt. Mein Tarra steht wie eine Burg. Eine Gruppe welche die wöchentliche Kverkfjöll-Tour gebucht hat, kommt am Abend vom Berg zurück. Sie hatten gute Sicht aber starken Wind. Unterhalte mich nach dem Abendessen noch lange mit zwei Paaren aus Deutschland. Eine der Frauen kennt meine Homepage und hat sich daraus sogar Ina von Grumbkows "Isafold" ausgedruckt. Am späteren Abend plötzlich abflauender Wind aber dafür einsetzender Regen.

Mittwoch, 15. Juli

Dauerregen! Um 8:30 Uhr bringe ich Pulka und Skisack zur Hütte und verabrede mit der Reiseleiterin und Fahrerin der wöchentlich stattfindenden "Fire & Ice Tour", daß sie das Material zum Busbahnhof in Akureyri bringt. Sonst viel gelesen und am Nachmittag die Aufzeichnungen nachgeholt.

Donnerstag, 15. Juli

Am Vormittag noch bewölkt, aber ich glaube Anzeichen erkennen zu können, daß es aufklaren wird. Gelegenheit Wäsche zu waschen. Gegen Mittag mache ich einen Spaziergang auf den Virkisfell, den Hausberg der Hütte. Schöner Ausblick von dort oben. Zu Mittag esse ich die letzte Tütensuppe und das letzte Speckbrot aus meinem Vorrat. Ab jetzt habe ich für Mittags nur noch Spaghettis oder Müsliriegel. Die letzteren jedoch in unverständlichen Mengen - habe mich wohl etwas vertan.

Alparós
Zweistündiges Mittagsschläfchen im sonnendurchwärmten Zelt. Alle Lüftungen sind weit geöffnet und ein angenehmes Lüftchen streicht durch die Moskitonetze. Als ich aus dem Zelt krieche ist gerade Fütterungszeit für das Lämmchen Alparós. Eigentlich heißt es ja "Edelweiß", aber durch einen kleinen Übersetzungsfehler, oder weil es einfach keinen isländischen Namen für diese Alpenblume gibt, wurde eine "Alpenrose" daraus. Alparós/Edelweiß war das letztgeborene und ziemlich mickrige Lamm in diesem Sommer auf dem Hof Möšrudalur. Die Bauersleute schenkten es Elisabet, der Hüttenwartin der Siguršarskáli. Sollte, listig wie Odysseus, versuchen mir ein Schafsfellzu beschaffen, um so getarnt nach meiner Gletscherüberquerung ähnlich liebevoll aufgepäppelt zu werden. Würde sicher kläglich scheitern. Ich rieche wohl zu sehr nach Wolf. Immerhin durfte ich zweimal unsonst duschen. Ich schnappe mir die Nikon und erwische beide in guter Photolaune. Der Wind zerzaust ein wenig die langen, offen getragenen Haare und die Köpfe der beiden sind nahe zusammen. Das ist das Bild, daß mir die letzten Tage schon vorgeschwebt hatte. Da schmilzt doch selbst der Vatnajökull.

Lissi erzählt mir später, daß am nächsten Montag, aus Anlaß des zweiten Jahrestages der Unterzeichnung der Genehmigung des Kárahnjúkar Staudammprojektes durch die isländische Umweltministerin, die isländische Flagge vor der Hütte wieder auf Hablmast gesetzt wird. Diese symbolische Aktion wurde letztes Jahr auch an den Hütten von Heršubreišarlindir und Dreki durchgeführt. Die Hüttenwarte dort unterstehen aber der Naturschutzbehörde und obwohl die Aktion an einem privaten Flaggenmast stattfand, schlug sie hohe Wellen. Der bekannte isländische Fernsehjournalist Ómar Ragnarson machte ein Interview mit einer Rangerin und darin wurde betont, daß dies ein private Aktion war. Die Frau fand in diesem Jahr kein Job mehr bei der Natuschschutzbehörde, und in Arbeitsverträgen der anderen findet sich ein Passus, der die Teilnahme an solchen Aktionen untersagt. Wir diskutieren noch länger über diese Situation.

Am Abend ist nur eine Gruppe Italiener in der Hütte, aber für morgen sind 100 Übernachtungen gebucht. Erneut einsetzender Regen.

Freitag, 16. Juli

Es hat sich über Nacht eingeregnet. Die Wolken klammern sich gleich oberhalb der Hütte am Berg fest und kein Wind will sie von da vertreiben. Ausgeschlafen, gelesen und in de Hütte meine Aufzeichnunen nachgeholt. Erhole mich hier wunderbar. Dennoch muß ich spätestens am Montag nach Heršubreišarlindir kommen, da mir dann die Futtervorräte ausgegangen sind. Sitze am Abend mit einer Gruppe Schweizer (schon wieder Schweizer!) zusammen.

Samstag, 17. Juli

Es hat die ganze Nacht durchgeregnet und ein Wetterbesserung ist nicht in Sicht. Weiter graue, tiefe Wolken und kaum Wind. Gönne mir zur Feier des Tages eine Dusche und lese "Um gildi hlutana - vom Wert der Dinge" zu Ende. Als am Nachmittag eine gemischt isländisch - norwegisch - schwedische Gruppe aufbricht hinterlassen mir die zwei für die Küche zuständigen Damen eine Beutel mit gegrilltem Lammfleisch, Marzipankuchen und Súrmjölk. Putz den Herd und kehre die Vorraum der Hütte aus. Lissi und Sirra sind zusammen mit zwei Freundinnen auf Skitour zu den Langafönn. Also bei dem Wetter weiß ich was besseres! Alparós blökt kläglich und alleingelassen. Am Abend brate ich mir als Vorspeise einen Teil des butterzarten Lammfleisches. Der Rest, einschließlich des Marzipankuchens geht an die Mädels. Vernichte meinen letzten Schluck Whisky. Draußen regnet es noch immer. Oben auf dem Berg soll es geschneit haben.

Sonntag, 18. Juli

Hurra, es regnet nicht mehr! Eine Gruppe Holländer macht vor ihrer frühen Abfahrt viel Lärm und stört mich beim Ausschlafen. Will es nach dem Frühstück (... wie auch sonst)ruhig angehen lassen, als Lissi vorbeikommt und mir ausrichtet, daß ich heute schon mit Sirra nach Dreki fahren könnte. Mir auch recht. Irgendwie hat der geänderte Plan mit ihren beiden Autos zu tun, die beide ihre Macken haben. Lasse ihr noch zwei Bücher da und wir beladen den kleinen Suzuki Samurai. Kunststück - Kofferraum gibt es nicht und wir sind zu viert. Mein Rucksackungetüm liegt zu - oder auf - den Füßen der beiden Mädels auf der Rückbank und Sirra fährt. Lissi will morgen, zwecks Flaggenaktion, nach Dreki kommen. Ich sollte sie also dort noch einmal treffen.

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Mit der Abfahrt von der Siguršarskáli endet der Bericht von der Vatnajökullüberquerung. Auf meiner Weiterreise benutze ich dann die üblichen Hochlandbusse und hielt mich noch in Dreki, in Heršubreišarlindir und am Mżvatn um schließlich wieder zum Hof Dęli im Skidalur zu kommen.
Lissi habe ich übrigens nicht mehr in Dreki getroffen. Sie ließ mir ausrichten, daß sie es leider zeitlich leider nicht mehr nach Dreki schaffen würde. Nachdem mir die Hüttenwartinnen von Dreki mit Überbringung dieser Nachricht noch andeuteten, daß sie in 20 Minuten zu dringenden Wartungsarbeiten in die Drekagíl gehen müßten und dort dann etwa ein Stunde beschäftigt seien, sank auch die Fahne von Dreki auf Halbmast.

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