|
|
---|
Um 7:00 Uhr ein Gang zum Waschhaus. Mit Sacha zusammen gefrühstückt. Er macht sich dann
wieder auf den Rückweg nach Landmannalaugar. Diesmal über die Piste - vielleicht ergibt
sich eine
Mitfahrgelegenheit. Bei mir steht heute Ruhetag auf dem Programm. Ich ziehe mich wieder in den
Schlafsack zurück und genieße die Ruhe des Vormittags mit einem tiefen Schlaf bis gegen
11:00 Uhr.
Dann träge an den Aufzeichnungen und Mittags Brotzeit mit Hangikjöt. Draußen ist es deutlich
weniger windig, aber immer noch ziehen dunkelgraue Wolken aus Südosten heran und bringen
Nieselregen, der sich dann und wann zu einem Schauer verstärkt. Werde am Nachmittag einen
kleinen Erkundungsgang unternehmen und danach entscheiden, ob ich ins Zelt umziehe oder nicht -
schließlich droht das Wochenende.
Beschließe in eine andere Nische des Lagers umzuziehen, in der ich auch bei größerem Andrang
etwas für mich bin. Gerade noch rechtzeitig, denn schon kommen 6 Wikinger hereingerumpelt und
blicken sich nach Schlafplätzen um. Danach zahle ich bei den Wärtern die 500 Kr. für die zweite
Übernachtung und mache einen Spaziergang in die Umgebung. Nördlich der Hütte ist eine
sehenswerte Reihe von kleinen Kratern. Sie messen nur wenige bis etwa 20 Meter. Dann hinauf zur
Mišmorgunsalda mit der auf einer kleinen Säule angebrachten Panoramascheibe. Heute sollte man
die Sicht von vorgestern haben, denn hinter der ersten Hügelkette verschwimmt alles in trübem Grau.
In einer
weiten Schleife dann zurück zum Tjaldvatn. Am See noch die alte Hütte Tjarnarkot besichtigt.
Zurück zur neuen
Hütte, denn es regnet wieder deutlich heftiger.
Ein neuer Ankömmling ist eingetroffen. Sein Rucksack weist ihn als Wanderer aus, aber ich habe
noch niemanden gesehen, der in Island mit einem Regenschirm unterwegs ist! Und so mache ich die
bemerkenswerte Bekanntschaft mit Karl Gunnarson - kein "vitlaust útlendingar", sondern Isländer
und gerade auf dem Weg von Nżidalur über Jökulheimar nach Landmannalaugar. Also im Prinzip auf
meiner Route, aber nur eben in Gegenrichtung. Er sitzt noch neben seinen triefenden Schuhen im
Vorraum und sofort sind wir am Fachsimpeln. Eine Dame aus den "besseren Zimmern" der Hütte
bietet ihm einen Whisky an und weil ich quasi auch dazugehöre, bekomme ich nach kurzem Zögern
auch einen. Danke schön - "vertu žaš aš góšur!" Karl vertritt eine etwas andere
Wanderphilosophie als
ich. Er ist "Minimalist", wie er lächelnd gesteht und hat nicht einmal ein Zelt dabei. Nur einen
GoreTex Biwacksack in dem er sich mittels eines kleinen Gestängebogens etwas Kopffreiheit
verschafft. Seine ganze Ausrüstung wiegt nur 17 kg und er versucht schnell zu sein. Das ist der
Unterschied. Er ist die 35 km von Jökulheimar hierher an einem Tag gespurtet und ich
werde mir das auf 2 Tage verteilen. Wir verstehen uns prächtig.
So nebenbei erfahre ich, daß er bei Órkustofn arbeitet und natürlich kennt er auch
Jósef und Einar.
So erfahre ich eine Reihe von Geschichten wie diese, daß einer usnser gemeinsamen Bekannten
als Füher einer
Gruppe in einem Schneesturm am Fimmvöršuháls als einziger verlorenging und eine kalte,
stürmische Nacht in seinem Biwaksack verbringen mußte und sich diese saure Zeit nur mit seinem
Minitransistorradio verkürzen konnte. Das Radio empfing aber nur einen einzigen Sender.
Seit dieser
denkwürdigen Nacht gibt es in Island einen weiteren bekennenden Freund der italienischen Oper ...
und der
Geschichten mehr.
Karl ist auch Mitglied der Jökulrannsóknar, des Verbandes
der isländischen Gletscherforscher.
Auch er hat keinen Schlüßel dabei und hat in der Ruine eines Ölaufbewahrungsschuppens
genächtigt.
Habe ihm meine Geschichte über das verpatzte Treffen mit Ástvaldur erzählt und mit der
Verwechslung mit "Dalsbraut eitt/eight". Und da fragt mich doch Karl: "do you know that he
is a barber?" Und ich stand vor der Dalsbraut Hausnummer eins und links war ein
Pizzaservice, rechts
eine Wäscherei und in der Mitte ein Friseurgeschäft. Habe mich nach etwas Überlegung beim
Pizzaervice erkundigt, in der irren Meinung, die müßten sich in Adressen am besten auskennen.
Falsch, Friseure sind viel besser informiert, hätte ich mir doch denken können,
manche sind sogar Gletscherforscher!
Beim Abendesen verschwindet Karl ins Parterre, kommt mit einer viertel Forelle zurück und meint
entschuldigend "... sorry, I was invited" - der Glückspilz. Das ganze Haus ist
schließlich voller
Angler und überhaupt dreht sich hier doch alles ums Fischen. Ich mampfe derweil
meinen Jägertopf.
Ich bin fast fertig und schon ziemlich satt, da erscheint einer der Angler (offensichtlich
Norddeutscher) und fragt ".. ist da nicht auch ein Deutscher der zu Fuß hierhergekommen ist?"
Er
bringt uns noch einen große, duftendeForelle, gefüllt mit Tomatenscheiben und in Alufolie
eingeschlagen gegrillt. Ich wage es nicht abzulehnen und wir teilen uns den
vorzüglich schmeckenden
Fisch. Wir sitzen noch bis 23:00 Uhr zusammen und ratschen, dann wird es Zeit zu schlafen. Die
Wolken liegen fast auf und es regnet noch immer. Ich stöpsele mir die Ohren zu und hoffe trotz
etlicher weiterer Gäste auf eine ungestörte Hüttennacht.
Zurück zu Inhalt
9. Tag Veišivötn - Hraunvötn