|
|
---|
Habe den Wecker überhört (Lärmstop!) und bis gegen 6:30 Uhr geschlafen. Das Wetter sieht ganz gut
aus für meine Pläne. Die Sonne ist von einer leichten Cirrenschicht gemildert. Im Süden verdichten
sich die Wolken zu einer hohen, grauen Fläche. Der Wind weht leicht von Südwesten. Stopfe mit
Mühe alles in den Rucksack, was nicht ganz einfach ist. In der Hütte versuche ich nochmals
vergeblich in Dæli anzurufen. Marinó versucht es später noch mal für mich. Für die beiden Gespräche
will er nichts annehmen. Vor der Hütte lädt eine Gruppe Isländer ihre großen Rucksäcke in einen
geländegängigen Bus. Ich frage einen der Isländer, ob sie die Gruppe des Ferðafélag Íslands sind,
welche die Tour Vónarskarð - Jökulheimar gehen will. Er bestätigt dies und etwas später kommt ihr
Führer zu mir und wir tauschen Informationen über den Wegverlauf und die Verhältnisse an den
Furten aus.
Mein Aufbruch schließlich erst um 9:00 Uhr. Nehme, wie vom Hüttenwart empfohlen die
(unauffällige) Piste am Westende des Zeltplatzes. Für den kleinen Bach muß ich allerdings die Siefel
ausziehen, da der Rucksack keine großen Sprünge erlaubt. Überhaupt der Rucksack! Er kommt mir
mit erneuter Zuladung noch schwerer vor als bei meinem Aufbruch von Landmannalaugar. Diese
neue Piste quert 3-4 Kilometer weiter nördlich den Sperngisandur, als die alte Piste, die ich 1996
genommen habe. Diese neue Piste hat aber einen entscheidenden Nachteil für mich: sie verläuft genau
nach Westen und biegt erst an der Þjórsá nach Süden ab - mein Ziel, der neue Þjórsádamm, liegt aber
im Südwesten. So verlasse ich nach etwa 2 km die Piste nach Südwesten und halte als Peilunkt auf
den Arnarfell zu. An den Stellen, an denen das Kiespflaster weich ist, sinke ich unangenehm tief in
den darunterliegenden Sand ein. Das hohe Gewicht wird jetzt doppelt lästig. Ich gönne mir häufige
Pausen, bei denen ich denen ich den Rucksack auf einem der vielen verstreut liegenden Felsblöcke
aufstützen kann, ohne ihn abnehmen zu müssen. An entsprechend geformtem "Sitzsteine" gibt es
genügend.
Es sind nur 15 Kilometer bis zur Þjórsá, aber es ist wieder da, dieses eigenartige, intensive
Gefühl der Exponiertheit in der Weite. Alle Sinne sind geschärft. Die Wahrnehmungsfähigkeit ist
gesteigert. Ich fühle jede Veränderung des Windes, schmecke die geruchlose Luft und spüre die
Nachgiebigkeit des Sandes unter den Füßen mit ruhiger Wachsamkeit. Die archaische Ruhe der Wüste
verstärkt das Gefühl des Alleinseins. Allein, reduziert auf die Größe eines Sandkorns. Allein,
aber nicht einsam, nicht verlassen. Nur allein eben.
Bei dem mit GPS und Kompass grob angepeilten Vermessungspunkt komme ich
auf den alten Weg. Er wird offensichtlich nicht mehr, oder nur noch selten benutzt und ist kaum mehr zu
erkennen. Kurz vor Hámyrar treffe ich dann wieder auf die von Norden kommende neue Piste, die ich
westlich von Nýidalur verlassen hatte. Die Piste ist unangenehm zu gehen - sehr sandig und staubig
und durch Pferdespuren teilweise tief aufgewühlt. Um 15:00 Uhr erreiche ich einen netten, kleinen
Bach bei Hámyri an dessen Ufern sich auch wieder die erste Vegetation findet. Aus einer verdienten
Ruhepause wird der Entschluß doch gleich hier zu bleiben und nicht mehr bis zum Þjórsádamm
weiter zu gehen. Dort ist es sicher nicht so schön wie hier. Etwa 100 Meter unterhalb der seichten
Furt finde ich ein perfektes Plätzchen direkt am Bach.
Die übliche kurze Siesta wird zu einem einstündigen tiefen Schlaf. Die wohl etwas zu kurze Nacht
und der leise murmelnde Bach haben ihren Teil dazu beigetragen. Etwas die Aufzeichnungen
nachgeholt und mir dann einen indonesischen Reistopf gekocht. Kurzer Verdauungsspaziergang
bachauf und bachab. Das Wetter hat bis auf ein kurzes, sonniges Zwischenspiel am Mittag von
Süden her immer mehr zugemacht. Sogar ein paar Regentropfen sind gefallen. Nun hat der Arnarfell
seinen Kopf in den Wolken. Zurück im Zelt weiter an den Aufzeichnungen. Werde heute früh
schlafen.
Zurück zu Inhalt
17. Tag Hámýri - Þjórsárver