4. Tag, Langjökull

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Dieter Graser © 2006

Mittwoch, 6. Juli 2005


Aufbruch
Irgendwann nachts, ziehe ich die Kapuze des Schlafsacks zu - es ist kalt geworden. Trotze am Morgen dem Wecker noch ein halbes Stündchen ab. Ein erster Blick aus dem Zelt zeigt, daß die Wetterbedingungen nicht besser sein könnten. Es ist fast windstill. Tief unten schleicht von Húsafell Nebel das Tal herauf. Über dem Gletscher kein Wölkchen. Frühstücken und gepackt.

Morgensonne
Mache um 7:45 Uhr zwei Startphotos. Wieder weiter den flachen Hang hinauf - der Sonne entgegen. Fühle mich gut und ausgeruht. Nach zwei Stunden habe ich es geschafft, der Hang wird flacher und flacher. Grund genug eine kleine Pause einzulegen und die Steigfelle von den Ski zu nehmen. Der Schnee ist über Nacht genügend durchgefroren und so habe ich am Morgen perfekte Schneeverhältnisse. Allerdings ist meine Gehmoral noch ziemlich mies. Ich finde meinen Rythmus nicht. Häufige kurze Verschnaufpausen auch jetzt, wo es fast eben dahingeht. Die Sonnen brennt nun vom Himmel und der Tag scheint sich in die Folge der letztjährigen Supertage auf dem Vatnajökull einreihen zu wollen. Ich kann es kaum glauben. Aber Vorsicht, die Bilanz wird erst am Ende der Tour gemacht.

Der Blick nach Osten wird frei. Ich erkenne den Bláfell und die Hekla und in der ferne selbst den Vatnajökull. Im Süden dominiert der Hlöšufell. Wieder einmal narren mich die Entfernungen. Was wie eine kleinere Talmulde mit Gegenhang aussieht entpuppt sich als weite Einsenkung deren Durchquerung mich zwei Stunden kostet. Ich habe meine Wegpunkte so gelegt, daß die Route auf den höchsten Teil, dem First des Gletscherrückens liegt. Tatsächlich bewege ich mich aber mehr auf der Ostabdachung. Es ist warm geworden. Ich gehe ohne Jacke und Handschuhe. Voraus tauchen die Kerlingarfjöll und der Hofsjökull auf. Luftspiegelungen über dem Schnee lassen sie über dem Horizont schweben. Rings um den Gletscher steigen Cumuluswolken in die Höhe.

Pause
Die letzten Tage muß es geschneit haben. Feinkörniger Schnee bedeckt den alten Firn. Die Kraft der Sonne läßt die feine Auflage naß werden sodaß Ski und Pulka schlecht gleiten obwohl ich kaum einsinke. Am Nachmittag bessert sich meine Gehmoral etwas und ich finde meinen Rythmus. Es ist wie bei jeder Tour, ich brauche zwei drei Tage um mich physisch und psychisch auf die "gehende Lebensweise" einzustellen. Mal geht es schneller, mal langsamer. Heute ist es definitiv noch nicht soweit. Langsam werde ich müde. Da sich die Schneefläche vor mir scheinbar immer gleich weiter ausdehnt ist es vollkommen egal, wo ich meine zelt aufschlagen werde. Ein Platz ist so gut oder so schlecht wie der andere. Ich hab mir keine Ziel gesetzt aber in solchen Landschaften halte ich es mit dem 8-Stundentag.

Kerlingarfjöll
Kurz vor 16:00 Uhr schirre ich mich aus und bereite den Platz für das Zelt vor. Zwei Skilängen lang, eine breit. Erst trete ich diese Fläche mit den Sik flach und dann verdichte ich sie sorgfältig zu Fuß. Als Ergebnis habe ich ein glatte, feste Fläche auf der ich das Zelt aufstelle. Es braucht eine knappe Sunde bis alles zu meiner Zufriedenheit her- und eingerichtet ist. Kaum auf der Isomatte ausgestreckt nicke ich ein. Als ich wieder zu mir komme ist es Zeit etwas gegen den Hunger zu tun.

Wolkenwand
Gegen Abend hat der leichte Wind auf West gedreht. Weiter südlich versuchen eindrucksvolle Wolken über den Gletscher zu fließen, lösen sich aber auf, sobald sie den "First" überschritten haben. Mache noch ein paar Bilder von diesem Phänomen. Schmelze noch Schnee um Trinkwasser zu gewinnen, denn ich habe heute einen gewaltigen Durst. An den Aufzeichnungen und anschließend noch im Indrišasson gelesen.


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