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Das Zelt ist morgens nebelnaß. Die Sicht ist gut. Keine wesentliche Veränderung des Wetters, nur daß
der Wind etwas nachgelassen hat. Aufbruch auf die Sekunde Punkt 8:00 Uhr. Heute stehen die 20 Kilometer
über den Mælifellssandur bis zur Hvanngil an.
Mælifell
Veðurháls
Ich verlasse die Piste und furte den Brennivínkvísl, der trotz seines Namens auch nur Wasser führt.
"Schnapsfluß" ist zumindest ein orgineller Name für einen Bach.
Vielleicht ist dieser auch nur auf ein historische Besäufnis an seinen Ufern zurückzuführen.
Möglicherweise wird der Bach aber erst in seinem Unterlauf so genannt und heißt hier
vielleicht nur Króksgilskvísl.
Auf der andern Seite, am Fuß des Veðurháls, bietet sich entweder die linke oder die rechte
Seite einer Schlucht zum Aufstieg an. Mir
scheint die rechte (nördliche) Seite gangbarer und richtig, dort entdecke ich eine, wenn auch
undeutliche, Pfadspur. Nach dem Furten reißt mir erst mal der Schuhbändel und wieder einmal
bewährt sich: nie ohne Reserveschuhbändel! Der Aufstieg ist steil aber recht schnell geschafft.
Ich kann zwar den Spuren von meinen Vorgängern folgen, nehme aber ab nun den ganzen Tag über fleißig
GPS Wegpunkte der Route auf. Der Abstieg in den weiten, flachen Talboden der Hrútagil ist
weniger steil und einfacher.
Mælifellssandur
Mýrdalsjökull
Hvanngil
Der Weg ist erst mal nicht zu verfehlen - denke ich zumindest. Nach einem guten Kilometer zweigt
eine Fahrspur steil nach
rechts den Hang hinauf ab. Das entspricht der Darstellung in der Karte und auch die Spuren der beiden
Wanderer von gestern gehen da hinauf. Schnell (und wie es sich herausstellt vorschnell) entscheide
ich mich für diesen Weg. Nach einer Weile wundere ich mich, daß ich nur ältere Hufspuren und die Spuren
von den zwei Wanderern finde. Unten in den Hólmsárbotnar fand ich die Spuren ganzer Gruppen, die da durchgewandert waren. Von oben
habe ich etwas Überblick und kann erkennen, daß der Pfad nach der Abzweigung wieder deutlich zu
erkennen ist und gerade weiterverläuft. Nun gut, auf dem ganz falschen Weg bin ich ja nicht, also
gehe ich weiter. Die alte Fahrspur gönnt sich ein paar weite Ausholer um einige kleine Taleinschnitte
zu vermeiden. Meine Versuche abzukürzen bringen wenig und sind kraftraubend. Eines bin ich mir sicher,
dies ist nicht der übliche Wanderweg und ich Depp beginne den Tag gleich mit ein paar
zussätzlichen Trainingseinheiten. Wenigstens habe ich einen schönen Blick vom Skóltuklif auf den
Mælifell, die charakteristische Landmarke im Mælifellssandur. Nach zwei Stunden bin ich schließlich
am offiziellen Pistenende am Fuße des Strútur. Bis hierher kann man von der Fjallabak Syðri mit
dem Geländewagen fahren. Hier wurde sogar ein Toilettenhäuschen aufgestellt.
Gleichzeitig mit mir kommt ein Geländebus von Fjallabak Travel an. Ich unterhalte mich mit den Fahrer,
der mir bestätigt, daß ich an der Abzweigung der Fahrspuhr geradeaus hätte weitergehen sollen.
Das war also der nicht ganz so gelungene Auftackt des Tages. Als nächstes gilt es eine günstigen
Übergang über den Höhenrücken Veðurháls zu finden. Laut der neuen Karte von Mál und Menning zweigt
3 km weiter südlich der
Wanderweg von der Piste ab um den Veðurháls zu an einer niederen Stelle zu queren. Jósef gab mir den
Hinweis, daß manche auch gleich hier den Höhenrücken queren, um auf direktem Weg zum Südende der
Malaralda zu gehen.
Auch hier möchte ich lieber den logischeren Weg gehen, und das ist der direkte
und kürzere. Zuerst führt die Piste noch etwa einen Kilometer nach Westen, direkt auf den Veðurháls
zu. Ich habe also Zeit mir den von Rinnen und Schluchten durchzogenen Hang anzuschauen und eine
Aufstiegsroute zu suchen.
Dann geht es über die ebenen Sandflächen des Mælifellssandur dahin. Im Westen steigt der weite
Sléttjökull ansatzlos aus der schwarzen Sandwüste auf. Die Piste F210, die Fjallabak Syðri,
verläuft etwa 1,5 km südlich des Weges. Während der nächsten 3 Stunden bemerke ich dort nur 3
Fahrzeuge. Diese ziehen lange Staubfahnen hinter sich her. Mein Weg bleibt am Nordrand des
Mælifellssandur und ist durch die Spuren
vorangegangener Gruppen und nun auch durch Pferdespuren gut erkennbar. Außerdem führt er an
markanten, topographischen Punkten vorbei. Er hangelt sich dabei von einem Ausläufer der Vorberge
des Torfajökull zum nächsten. Er geht über Veðurháls, Malaralda, Skiptingaalda, Móhella und
Einstiegsfjall schließlich zum Paß zwischen Röðull und Útigönguhöði in das Tal der Hvanngil. Am
Südende der Malaralda mache ich Mittagspause. Auf dem Weg zu den Móhella komme ich an zwei
Steinwarten vorbei. Die verwitterten Felsformationen der Móhella sind auffallend genug, um als
Landmarken zu dienen. Dann folgt die Querung des Tales des Kaldaklofskvísl. Das Tal ist sumpfig
und wird mehreren flachen Flußarmen durchzogen. Ich gehe etwa einen Kilometer nur in den
Watsandalen. Schöner Blick nach Norden auf den Torfajökull und den Skerinef. Allerdings bräuchte
es etwas mehr Sonne um die bunten Hänge zum Leuchten zu bringen. Es ist bewölkt, ab und zu nieselt
etwas, aber zu meinem Glück habe ich nur wenig Wind aus Südwest. Wenn es hier weht - und hier weht es
gern - dann ist eine Wanderung über den Mælifellssandur sicher kein Zuckerschlecken.
Am Einstigsfjall wird nördlich des Berges ein kleiner Paß gequert. Unter einem Felsturm ist ein
winziges Gemäuer ohne Dach aufgeschichtet. Es würde zumindest einen Windschutz bieten, wenn man ihn
braucht. Eine Mahnung, daß ich mir meines Wetterglücks bewußt sein sollte. Die Sicht zu dem Paß
über die Hvanngilshnausar ist durch den Klotz des Röðull verdeckt.
Erst wenn man um die Bergsporn biegt, sieht man den Übergang. Eine letzte Anstrengung und auf der
Paßhöhe findet man Holzpflöcke, die einen Wanderweg in der Umgebung der Hvanngil Hütte markieren.
Die letzten 1,5 Kilometer zur Hütte geht es über flache Moos- und Wiesenböden des Tales der Hvanngil
hinaus. Auffallend die vielen Höhlen und die wilden Felsformationen auf linken Talseite.
Um 16:45 Uhr baue ich mein Zelt im "Lavagarten" der Hütte auf. Die berühmten, extra aus Hella
angekarrten, Rasensoden sind in den letzten Jahren plattgezeltet worden, aber man hat immer noch die
von Lavamäuerchen geschützten Plätze. Ich bin ab jetzt für zwei Tage auf dem beliebten Laugavegur
unterwegs und entsprechend gut besucht ist die Hütte. Bei der Hüttenwartin erfahre ich, daß die
Hütte Hvanngil
seit diesem Juni nicht mehr der Gemeinde Hella sondern nun dem Ferðafélag Íslands gehört. Schwatze
noch ein wenig mit den Nachbarn, aber dann vertreibt
uns der einsetzende Regen in die Zelte. Frühes Abendessen. Später döse einmal über den Aufzeichnungen
ein - bin recht müde.
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